Vortrag „Auf die innere Uhr hören – Einblicke in unsere biologische Steuerung“
Am allmählich dunkelnden Herbstabend des 10. Oktober fanden sich zahlreiche Gäste zu dem Vortrag „Auf die innere Uhr hören“ von Frau Elisabeth Thesing-Bleck ein, zu dem der Kulturkreis Richterich e.V. in das Schloss Schönau geladen hatte.
Der Vorstandsvorsitzende des Kulturkreises, Herr Dr. Wilhelm Wolff, begrüßte die Gäste um 19 Uhr und stellte die Referentin des Abends vor. Dabei brachte er zum Ausdruck, wie schön es sei, eine Referentin aus den Reihen unserer Mitglieder bei uns zu haben.

E. Thesing-Bleck
Frau Thesing-Bleck studierte Pharmazie mit Schwerpunkt pharmazeutische Biologie. Das hierunter fallende Thema Chronobiologie ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Erst im Jahr 2017 erhielten U.S.-Forscher den Nobelpreis für Medizin für ihre Forschungen zur Chronobiologie und der Steuerung der inneren Uhr.
Sie identifizierten Gene, die den 24-Stunden-Rhythmus (circadianen Rhythmus) in allen Organismen, einschließlich des Menschen, regulieren.
Grundlegend gibt es zum einen die „menschengemachte“ Zeit, unser 24-Stunden-Tagesrhythmus; die international festgelegten Zeitzonen sowie die „biologische“ Zeit.
In dem Vortrag erklärte die Referentin anschaulich, wie unsere Augen über besondere lichtempfindliche Zellen auf der Netzhaut mit der inneren Uhr, dem sogenannten suprachiasmatischen Nucleus (SCN) im Gehirn, verbunden sind. Diese Zellen wandeln Lichtinformationen (das Licht der Sonne und des Mondes – aber auch das Licht von elektronischen Geräten) in Nervensignale um, die direkt an den SCN weitergeleitet werden.
Dort wird die innere Uhr durch den Tag-Nacht-Wechsel synchronisiert, was die Ausschüttung von Hormonen wie Melatonin und Cortisol steuert und so den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert.
Mit der Chronobiologie kamen Erkenntnisse über vielfältige Mechanismen in unserem Körper: So sind z.B. Körpertemperatur und Blutdruck des Menschen am Abend zumeist höher als am Morgen. Ein Besuch beim Zahnarzt empfiehlt sich gegen 17 Uhr, da unser Schmerzempfinden um diese Zeit am geringsten ist. Ausdauersport ist ideal am Vormittag, Kraftsport am Nachmittag und frühen Abend. Denkaufgaben und Lernen passen gut in die Zeit zwischen 10 und 12 Uhr. Ab 20 Uhr wird entspannt, gepflegt und regeneriert.
Schlussendlich jedoch tickt die innere Uhr für jedes Wesen anders und wird ständig individuell und flexibel neu „justiert“. So lässt sich auch die seit Jahren heiß geführte Debatte um die negativen Auswirkungen der alljährlichen Zeitumstellung auf Mensch und Tier durch Studien nicht belegen.
Bestätigt dagegen ist, dass wir Menschen in Eulen und Lerchen, also Spät- bzw. Frühaufsteher, aufgeteilt sind.
Zu den Lerchen zählen vor allem Kleinkinder und Frauen, während Männer in den ersten 40 Jahren ihres Lebens eher zu den Eulen gehören. Nachweislich verschieben sich diese Zuordnungen allerdings, um sich im Laufe des Lebens zwischen den Geschlechtern anzugleichen und sogar umzukehren.
Dass der Mensch heute – durch künstliches Licht, Schichtarbeit und die moderne Technik beeinflusst – häufig gegen seine biologische Uhr lebt und arbeitet, ist keine Überraschung.
Dank der vorliegenden Forschungsergebnisse findet jedoch mittlerweile ein Umdenken statt und es gibt Anstrengungen, sich dem inneren Rhythmus besser anzupassen, z.B. durch zeitlich gestuften Schulbeginn oder chronobiologisch angepasste Lichtquellen und Bildschirme, die im Laufe des Tages von aktivierendem blauen Licht zu Ruhe verbreitendem roten Licht wechseln.
Als letzter und für viele Anwesende wichtiger Aspekt wurde erörtert, zu welcher Uhrzeit welche Medikamente idealerweise eingenommen werden sollten, um effektiv statt kontraproduktiv zu wirken.
Im Anschluss an den Vortrag entspann sich ein lebhafter Austausch mit zahlreichen Fragen zwischen der Referentin und dem Publikum.
Wir danken Frau Elisabeth Thesing-Bleck für diesen aufschlussreichen und gut verständlich gestalteten Vortrag.
Unser Dank gilt auch unseren Gästen und den Helfern im Hintergrund!